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zukunftsgespräch mit dem familienministerium: die zukunft der arbeit? heißt „leben“.

es ist knapp einen monat her, dieses zukunftsgespräch im bundesfamilienministerium. „selbst bestimmt oder ständig getrieben?“ war die überschrift, und es ging um die vereinbarkeit von familie und beruf. oder besser darum, wie sie erreicht werden könnte, denn so ganz ehrlich? – es gibt sie (noch) nicht.

am 14. märz, keine zwei wochen vorm termin, bekam ich post vom bundesfamilienministerium. wie genau ich auf einer adressliste landete weiß ich bis heute nicht – in den gesprächen mit den verantwortlichen vernahm ich aber, dass bewusst versucht wurde, nicht die stets präsenten lobbyist:innen zu hören, sondern in möglichst direkte gespräche mit betroffenen und influencern zu gehen. (ich hege ja hoffnung, dass der artikel zum kranken system zum kranken system ein paar augen im ministerium gefunden hat)

während susann hoffmann während ihrer keynote süffisant darauf hinwies, dass staatssekretär dr. ralf kleindiek zu beginn ihres beitrags den raum verlies, nachdem er sich die erste (männliche) keynote noch anhörte, schaute ich mich kurz um:

es sind viele kleinigkeiten, die zeigen, dass da noch was geht: die ebenbürtige würdigung der keynotes, die kurzfristige einladung, die nicht vorhandene kinderbetreuung, die fehlende möglichkeit, eventuelle kosten für anreise oder alternative betreuungsformen zu übernehmen.

arbeit, arbeit über alles

cap gemini stellt eine studie vor – alles dreht sich darum, eltern möglichst bald wieder einer erwerbstätigkeit zuzuführen. doch wollen die das überhaupt? definieren sich alle menschen primär über erwerbsarbeit? mir fehlt hier eine differenzierung. auch mads pankow berichtet später auf dem podium davon, welche grabenkämpfe mit der krankenkasse ausfechten musste, bis sie ihm abnahmen, dass er eben keine unsummen mit seiner selbstständigkeit verdient und das auch nicht möchte.

generell geht die gesetzgebung vom standard abhängig beschäftigter aus – vereinbarkeitsregelungen für selbstbestimmt lebende menschen mit nachwuchs und/oder pflegeaufgaben sind juristische mangelware.

„eltern sein bringt alles durcheinander.“

wie sehr der fokus noch immer auf der identifikation mit der eigenen erwerbsarbeit liegt, zeigt ein statement, dass es auch 1:1 in die sketch notes schafft:

ich könnte schwören, dass für jegliche spezies – auch für menschen – schon rein erdgeschichtlich die elternschaft das zentrum der eigenen existenz darstellt. insofern möchte ich postulieren:

die aktuelle form der wirtschaft bringt die elternschaft durcheinander.

wie kann es sein, dass die auch für die wirtschaft maßgeblich wichtige „nachwuchsgenerierung“ mit hürden und benachteiligungen belegt wird? dass eltern – insbesondere mütter – beim wiedereinstieg in die berufstätigkeit häufig mit benachteiligungen bedacht werden, weil sie nicht die „gleiche leistungsfähigkeit“ wie kinderlose haben? was ist das für eine wirtschaftsform, in der das geld und die gewinnmaximierung wichtiger sind als die menschen, denen diese wirtschaft dienen soll?

barcamp style

das familienministerium ist an der stelle dankenswerterweise nicht gehörlos: es besteht der wille zum dialog. als form der kommunikation auf augenhöhe stehen vier sessions auf dem plan:

  • innovative helfer: retter in der zeitnot?
  • selbst und ständig: zeit, ressourcen und (ab-)sicherung selbstständiger eltern
  • neue perspektiven – selbstständiges arbeiten und kommunale familieninfrastrukturen
  • gründen als vereinbarungsstrategie?

ich entscheide mich für die kommunalen strukturen. schließlich wohne ich in einer modellkommune des bundes für „kommunale zeitpolitik für familien“ – mich interessiert, wie andere die aktuellen rahmenbedingungen der politik wahrnehmen.

katrin schmalenberger-laukert vom bundefamilienministerium und die vorsitzende des verbands berufstätiger mütter, cornelia spachtholz, moderieren die runde. zum auftakt liegen bereits einige karten in der mitte des kleinen raums des berliner betahauses. die brauchen wir nicht wirklich – vorschläge zur verbesserung oder überhaupt zur herstellung von vereinbarkeit purzeln auch so munter aus dem halben dutzend diskutant:innen, unter anderem:

  • erhöht die transparenz über förderung, finanzierung und organisationsmöglichkeiten für eltern
  • senkt die schranken, indem ihr behördliche vorgänge digital anbietet
  • schützt werdende eltern ungeachtet der familienkonstellation im schwangerschaftsfall vor kündigung
  • behandelt krankzeiten von kindern und erwachsenen gleichwürdig und schafft diskriminierungen (begrenzung kranktage, behördenkrampf für teilersatzleistungen, etc.) ab
  • und meine abschlussforderung lautete: wenn ihr erleichterungen plant, dann so, dass minderheiten und benachteiligte gleichermaßen davon profitieren können und keine zugangserschwernisse bestehen.

die ergebnisse landen schließlich in den sketch notes der veranstaltung.

nach dem gespräch ist vor dem gespräch

das gespräch war ein anfang. die fortsetzung folgt: morgen ist das erste blogger-café des familienministeriums im juglehub in berlin. und, ich zitiere aus der einladung, der ich dieses mal leider nicht folgen kann: „…sie sind herzlich eingeladen, ihr kind oder ihre kinder mitzubringen. diese werden während der gesamten veranstaltung von staatlich geprüften erzieher:innen betreut.“

es geht voran.

Autor: steffen

Lebt. Liebt. Streitet.

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