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An Tagen wie diesen

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Du stehst – von K2 seit 5 Uhr getreten, vom Wecker geweckt auf, pulst K1 aus den Laken. Verschiffst das Kind nach einem kurzen Obstfrühstück in die KiTa, erledigst den Einkauf auf dem Rückweg.

Der Hinterkopf drückt

Du möchtest schreiben, dir liegen seit Tagen Entwürfe rum, an denen du nicht weiterarbeiten kannst, weil andauernd etwas dazwischen kommt. Egal, ob ein versprochener Gastbeitrag, etwas zu #bloggerfuerfluechtlinge, das dir auf der Seele brennt, eine Replik zu einem Strohhalm, das nahende Ende der ersten eigenen Blogparade – nix geht.

Die Realität ruft

Ein bisschen Recherche zu einem der Beiträge ist drin, dann braucht K2 Nähe, um seinen notwendigen Schlaf für dieses Stakkato Wachsen-Schneidezähne7+8-Laufenlernen-Zusammenhänge begreifen-Zoobesuchsverarbeitung zu finden.

Mittagsbrei, nachdem die Matrazenfunktion abgeschlossen ist, danach Aufbruch gen KiTa, um K1 auszulösen. „War nur knappe halbe Stunde Mittagsschlaf“. Man stelle sich an der Stelle im Hinterkopf Vivaldi’s Adagio aus dem Sommer der vier Jahreszeiten vor. Wissend, was danach folgt.

Prelude to Tragedy

Einkauf zweiter Teil, danach direkt zur Eisdiele. K1 glücklich. Puh. Jetzt: Einkäufe nach Hause, dann Spielplatz in Aussicht gestellt. Murren, weil nicht direkt Spielplatz. Die kühlungsbedürftigen Lebensmittel sind nicht zu Verhandlungen aufgelegt.

Aufbruch zu viert von Zuhause, Richtung Spielplatz. Jedes Jauchzen von K1 auf der Seilbahn lässt hoffen K2 kraucht nach dem Schaukeln unermüdlich wie bei den Marines durch den Sand. Der Aufbruch – nach Hause geht gar nicht, also Umweg über die Baggerbesichtigung auf der Baustelle wird trotzdem von einem Duett in Crescendo begleitet.

Der Bagger zieht nicht, K1 lässt sich lediglich durch ein Vorbeischauen bei einem befreundeten Paar ablenken, das kürzlich geheiratet hat – die Erinnerung an das prächtige Kleid schiebt die Regenwolken ob des verlassenen Spielplatzes für einen Moment beiseite. Dort angekommen, glänzt die Kleidtragende durch arbeitsbedingte Abwesenheit. K1 Solo.

Showdown

Der von der Erwachsenenfraktion avisierte Heimweg führt über eine weitere befreundete Familie mit Kindern im Alter unserer: Klingeln und Hallo sagen, vielleicht? Es reicht für den Weg dorthin. Von der Straße aus erspäht K1 den potenziellen Spielkameraden in ihrem Alter im Garten. Allein durch Klingeln regt sich nichts.
Wir sind schon fast wieder weg, da geht hinterm Haus der Rasenmäher aus und wir werden entdeckt. K1 wittert Morgenluft und will zum Spielen bleiben, das allseitig erwachsene „Abendessenzeit“ wird niedergebrüllt.

K2 wandert aus dem Wagen auf Papas Schultern, K1 ist temporär wieder ruhig auf dem Heimweg.

Im heimischen Garten schließlich ist der Geduldsfaden aufgebraucht. Egal, ob die gestapelten Kinderstühle nicht auseinandergehen, Mama das Abendessen aufdeckt, K2 auch nur in die Nähe der eigenen Spielstätte kommt: Es klingt eine dreiviertel Stunde lang, als würde das Kind sterben müssen, so brüllt es. Wieder und wieder, nicht zu beruhigen, weder durch in den Arm nehmen, noch durch Zureden, noch durch in Ruhe lassen, noch durch Ablenkung. Rien ne va plus. Es ist so weit:

Nachspiel

Das Abendessen selbst verläuft nach dem Beruhigen dann, als wär nichts gewesen: Die Kinder essen gut, reichlich, gut gelaunt. Spaßen miteinander. Das Bettgehritual funktioniert vergleichsweise reibungslos. Wir wechseln seit ein paar Tagen konsequent jeden Abend die Rolle, so dass jeden Abend K1 und K2 vom jeweils anderen Elternteil als am Abend zuvor ins Bett gebracht wird. Damit es keine Präferenzen gibt, ist der Ablauf identisch.

Allein, K1 kann nicht einschlafen. Die Gute-Nacht-CD – normal ist sie in den letzten Tagen beim dritten Lied tief und fest weg – ist durchgelaufen, sie ruft. Beim zweiten Durchlauf bittet sie mich, da zu bleiben. Nach Ende des zweiten Durchlaufs schläft sie noch immer nicht. Ich stelle einen dritten an und gehe ruhig aus dem Zimmer.

Noch nicht richtig wieder unten, schon wieder hoch: K2 hat seine abendliche Unruhe. Zwei misslungene Ablageversuche und eine weitere halbe Stunde später kann ich endlich die Bühne verlassen.

Es ist kurz nach 21 Uhr.

Nein.

An Tagen wie diesen habe ich die Schnauze gestrichen voll. Der Hinterkopf drückt noch mehr, aber ich habe keine Konzentration mehr, noch irgendwie an Inhalten zu feilen. Wegens einer verschissenen halben Stunde Mittagsschlaf, um deren Vermeidung ich täglich flehentlich bettele, und eines suboptimalen Nachmittagverlaufs ist ein weiterer Tag am Arsch. Die hellen Momente werden vom Nerven zehrenden Beiwerk aufgefressen.

Die logische Sequenz des späten Einschlafens kennen wir zur Genüge: Morgen übermüdet raus und zur KiTa, dann erneut Mittagsschlaf, morgen abend ein analoges Programm. Was in der KiTa ein lapidares „war ja nicht lange, hat nicht geklappt, sie wach zu halten“ ist, nach dem Aussprechen vergessen, frisst hier bei uns die Energie von vier Menschen auf.

Oma und Opa können keine KiTa ersetzen, ohne Betreuung für K1 kann ich meine Frau in absehbarer Zeit im Krankenhaus besuchen. Und mein eigener Hinterkopf platzt auch. Da sein für die Kids? Natürlich. Und an erster Stelle. Aber kein Leben darüber hinaus?

Ich. Will. Das. Nicht.

Autor: steffen

Lebt. Liebt. Streitet.

55 Kommentare

  1. Hallo Papa Pelz(und Sahnelinchen), DAS ist gerade hier auch das Thema Nummer eins: Mittagsschlaf. Die Große hat ihn stets verweigert(seitdem sie eineinhalb ist nur noch mal im Auto), wo man ihn sich so gewünscht hat….
    Die Kleine, Zweieinhalb, die alte Schlafmütze, hat da so gar keine Probleme mit….bis auf abends.
    Drei Wochen Sommerferien, drei Wochen so gut wie ohne Mittagsschlaf: abends um acht, halb neun waren bei beiden die Klüsen zu.
    Netten Brief an den Kindergarten geschrieben, dass der Mittagsschlaf doch bitte ab jetzt ausfallen solle.
    Hat nicht mal eine Woche geklappt, da sie ja immer wieder bei ruhigen Beschäftigen eingeschlafen wäre und geweint hätte, warum SIE denn nicht mit ins Bett dürfte.
    Stand Woche drei nach Ferien: wieder beim Alten, Kind schläft erst um halb zehn/zehn ein. Wer ist schuld? Die Eltern, die das Kind zu spät ins Bett bringen.
    Teufelskreis willkommen, morgen früh um 6:15 klingelt bei den Kindern wieder der Wecker.. Klar, dass da jemand mittags müde ist. Die Eltern im übrigen auch, aber das interessiert leider niemanden 🙁

    Trotzdem eine gute Nacht

    Gruß

    SilkeAusL(@gisela7809)

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    • Die letzten drei Wochen: KiTa-Ferien. Du darfst einmal raten, was hervorragend funktioniert hat. Dank der Gute-Nacht-CD war sogar ohne irgendwelche Theater abends das Licht aus.
      Kaum geht die KiTa los, fängt das Drama von vorn an.

      Euch nicht minder viel Kraft im Umgang mit der Situation. Habt ihr dafür einen Ausweg?

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      • Ich hab das Gefühl, im Kindergarten WOLLEN sie es auch nicht anders…Klar sind sie mittags erstmal Platt, wenn sie morgens auch schon um sieben KiTa-Beginn haben bis nachmittags um vier und eine RUHEPAUSE brauchen. Ich habe sie vorletzten Sonntag wegen bescheidenem Wetter und eigener Müdigkeit auch schlafen lassen und sie tut mir da ja auch leid. Aber sie schläft dann auch noch EINE Stunde!(Vorher sogar von halb eins bis halb drei!)
        Mir fällt da auch nichts mehr zu ein. Sind am Überlegen, ob wir die Große wenigstens eher ins Bett bringen, der fehlt dann ja auch der Schlaf. Die Kleine hält sie mit ihrer Quatscherei nur davon ab. Und sie schläft dann eben mittags noch ein weiteres Jahr, bis sie in die Regelgruppe kommt und die Eltern brechen irgendwann zusammen, weil sie beide arbeiten und um 5 bzw. 5:45 aufstehen müssen…

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        • Sie sind natürlich platt…nicht Platt….obwohl man das in dem Fall vielleicht schon betonen könnte 😉

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  2. Ich frage mich immer wieder, wie ich DAS geschafft habe, wenn ich eure Artikel lese …. ich weiß es nicht mehr. Parallelen sind eindeutig vorhanden. Nur …. war ich lange Zeit allein mit den Problemen. Ihr habt euch beide und schafft das auch. ??

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  3. Harter Tobak!
    Und guter Rat ist teuer…
    Da eure KiTa (wenn ich mich richtig erinnere) mittags alle Kinder hinlegt, bleibt wohl oder übel nur eines übrig: der KiTa-Leitung schmerzhaft auf die Zehen steigen (wobei alte Strukturen oft nur mühsam aufzubrechen sind), vielleicht Unterstützer suchen (haben andere Eltern nicht das selbe Problem) und notfalls wirklich wechseln. Mal über eine Tagesmutter oder Grosstagespflegestelle nachgedacht?
    Ihr könnt nicht ewig auf dem Zahnfleisch gehen, irgendwann ist man durch. Und da muss dann notfalls an den Stellschrauben gedreht werden – es sind ja schliesslich noch ein paar Jahre bis zur Einschulung…
    Bis dahin verschafft Euch (notfalls auch getrennt) Ruhephasen als Eltern. Kindernachtdienst aufteilen bzw. Sport oder so, wo der andere auf jeden Fall mal rauskommt.
    Viel Kraft weiterhin!

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    • Die KiTa fest im Blick sind wir ja noch am zweiten Schlafstörer dran – dem Einhalten.
      Wenn das mit dem Wachbleiben zukünftig klappt, gilt es also die zweite Baustelle noch anzugehen. Und ich denke, das ist was psychologisches zwischen Hauptbezugsperson und Kind.
      Nach die Physis nochmal abgeklärt werden soll, werden wir uns darauf konzentrieren… Und bis dahin heißt es: Mama irgendwie stabilisieren, damit sei das durchsteht. (Ein Hoch auf die Elternzeit.)

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