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Eine von mehr als 6000 re:publicas – Teil 3/4

Mit zarter Verzögerung, aber nicht weniger herzlich – Tag 2 meiner re:publica.

Nachdem die ersten zwei Tage bereits zarte Schlafzeitenkürzungen produzierten, entschloss ich mich gewissermaßen unfreiwillig (wegens Verschlafen und vorherigen Einkäufen) zu einem Spätstück mit Spiegelei und Lachsbrötchen in Klein Hamburg. Kilo Jogurt, Äpfel und Meerrettich inklusive. Das Rahmenprogramm mit Jenny und Ina aus meiner „Hamburger Bezugsgruppe“, wie ich sie liebevoll nenne, war toll, einzig bissi spät war’s.

Nachdem ich also die schon bei der #rp13 bewunderswert kluge Teresa Bücker verpasst hatte, versuchte ich, noch einen Platz bei Yasmina Banaszczuk und ihrer Session „Get real, Netzgemeinde“ zu ergattern. Darin erörterte sie, was tatsächlich bei den Jugendlichen heute so „abgeht“ und wie sehr sich die Sozialisierung z.B. bei Tumblr von den „Haterthreads“ in für Online-Kanäle „klassischen“ Foren unterscheidet.

Leider kein Video, weil die kleineren Stages nur per Audio mitgeschnitten wurden. Der stark überfüllte Raum zeigte jedenfalls, dass der Vortrag locker eine der großen Räume hätte füllen können. Ich empfehle das Nachhören trotzdem.

Weiter zu „Bye Bye Gatekeeper – Wer setzt die Themen?“ Hier  diskutierten Anne Wizorek und Kübra Gümüşay am Beispiel von #aufschrei und #schauhin als Hashtags auf Twitter darüber, wie sich Themen auch in den etablierten Medien platzieren lassen.

Vom „Tod und Geburt der Gegenwartsliteratur“ bekam ich nur am Rande mit, als ich mich zwecks Sozialisierung auf dem Hof der STATION befand. Spätestens, als ich von „erschütternd unterkomplexen“ Konstrukten auf Twitter las, spurtete ich fix rüber, da ich ein großes Herz für Sprachakrobaten habe, die derart poetisch über vermeintlich trockene Dinge (aus meiner bescheidenen Sicht) berichten.

Es mag etwas spezieller sein, sehr für Literaten zugeschnitten, aber eben auch sehr informativ. 🙂 Ein spätes Dankeschön also an Elisabeth Michelbach. (Und an Julia, deren Tweet mich spurten lies.)

Im Anschluss ging’s für mich gleich zu „VDS für Anfänger und Fortgeschrittene“, bei dem es um die Möglichkeiten mit und gegen das kontinuierliche Tracking ging.

Vermutlich ist es bereits weitgehend bekannt, trotzdem ist die mediale Aufbereitung der Metadaten von Malte Spitz in der „Zeit“ immer noch sehr deskriptiv und zeigt eindrücklich, was man daraus ableiten kann. So richtige Alternativen oder Maßnahmen fehlten in der Konsequenz, aber das könnte daran liegen, dass es keine gibt…

Lange vorher geplant und auch aufgesucht habe ich schließlich „Die digitale Agenda“ Die prall gefüllte Stage 2 zeigte sehr eindrucksvoll, dass „die Politik“ sehr wohl eine wichtige Komponente in der Aufmerksamkeit der Besucher der re:publica ist.

Anschauen: Keine leichte Kost, keine klaren Statements, ist aber auch keine leichte Materie. Meine Quintessenz:

Nach dem Vortrag blieb ich gleich im Raum, weil es anschließend um „Youtube & the News“ ging. Das war keine billige Videoshow, sondern eine ernsthafte Unterhaltung mit drei Youtubern. Von deren Followerzahlen (jenseits einer Million) waren selbst die gestandendsten Bloggern im Raum, die ehrfürchtig ruhig waren, merklich beeindruckt.

Wie genau News auf Youtube funktionieren und nach welchen Kriterien News ausgewählt und mit welchen Mitteln rübergebracht werden, darüber berichten LeFloid, Fräulein Chaos und MrTrashPack.

Die gesamte Stunde habe ich meine volle Aufmerksamkeit der Runde gewidmet und gerade mal zwei Statements von mir gegeben:

Schaut es euch an. Unbedingt. Gern auch zwei mal.

Mein Finale des Tages war eine Stunde Crash-Kurs: „Programmieren für Nullcheckerbunnys“. Man könnte meinen, als studierter Wirtschaftsinformatiker sei ich doch gewiss in der Lage, zu programmieren, aber ehrlich gesagt bin ich zu doof dazu. Deswegen überlasse ich das auch beruflich lieber denen, die das richtig gut drauf haben.

Mit Kathrin Passig und Anne Schüssler (die den Raum pädagogengerecht mit dem Flüschderfuchs zur Ruhe brachte) waren zwei begnadete Vermittler entwicklungstechnischen Wissens angetreten, die Lust auf’s Programmieren zu wecken. Und ganz ehrlich: Das haben sie getan. Allein das Bloggen über die #rp14 hält mich aktuell noch davon ab, mich an einer Weinverwaltungsapp für’s iPad zu versuchen. 🙂

Der Abend bei der STATION endete dann bereits 18:30 Uhr für mich und einige weitere, da Peter als durchreisender Gast und todsicherer kulinarischer Erfolgsempfehler eine spezielle #rp14-Dinner Runde in der Peking Ente Berlin organisiert hatte, für die die Chefin des Restaurants eigens Spezialitäten mit mehrtägiger Vorbereitungszeit kredenzen wollte.

(Hier, liebe Lesenden, fehlt mir ein Foto von dem wundervollen Essen. Ihr habt nicht zufällig eins für mich? 🙂 )

Ein rundum gelungener Abend, an dem ich mich unter anderem anregend mit Michaela und Petra unterhielt. Und besonders die Session über die News bei Youtube hinterließ in meinem Kopf nachhallende Wirkung. In der Diskussion mit Michaela, ihres Zeichens Mitglied der schreibenden Zunft, erwähnte ich ihr gegenüber meine zugegebenermaßen steile These des beständigen Rückgangs gedruckter Informationsübermittlung:

„…Wir kommen als Menschen aus einer jahrtausendealten Tradition der Wissensvermittlung durch ‚Geschichtenerzählen‘. Diese für uns natürlichste Form der persönlichen Wissensweitergabe hatte aufgrund des begrenzt ansprechbaren Kreises an Personen natürliche Grenzen, so dass sich Wissensvermittlung auch jenseits von Erzählern ihre Ausdrucksform in Form von Schrift entwickelte. Das breitere Wissen und die stetig wachsenden Zielgruppen konnten durch die Erfindung des Buchdrucks und die sukzessive Verbreitung von Wissen auf diesem Weg bedient werden.
Inzwischen bietet die verfügbare Technik die Möglichkeit mittels Video und weltweiter Verbreitung über das Internet die ‚Erzähler‘ in ihrer ursprünglichen Form wieder Wissen verbreiten zu lassen, nur diesmal auch größeren Kreisen von Publikum. Die Entwicklung der Wissensvermittlung geht also wieder hin zu dem, woher sie kam: Zum gesprochenen Wort des ‚Erzählers‘. In dem Kontext sehe ich auch auf Dauer für das gedruckte Wort keine fantastische Renaissance aus der aktuellen Krise, sondern ein Fortbestehen in der stabilen Nische der Fantasie von Menschen, die weiterhin gern lesen werden.“

(Vielleicht sollte ich diese These mal ausführlicher in einem eigenen Blogbeitrag verarbeiten.)

Nach einem köstlichen Dinner mit wundervollen Menschen, von denen ich einen guten Teil vor dem Essen noch gar nicht kannte, blieb nur noch eine Frage: #tassebier oder Glas Wein in Klein Hamburg?

Die Ausführlichkeit der Verabschiedung schließlich lies schließlich Option 1 obsolet werden, und so entschieden wir uns, noch auf ein Glas Wein abzusteigen und im verkleinerten Hamburger Kreis den zweiten Tag der re:publica zu verdauen.

Nach dankenswertem Heimfahrservice mittels car2go bettete ich also zufriedener, gesättigter, müder und später als an Tag 1 mein Haupt in das Bett meiner Gastgeberin, deren Antlitz ich seit 3 Tagen Berlin bis dahin ca. 5 Minuten gesehen hatte und sollte bis zum Wecker für Tag 3 knappe fünf Stunden Schlaf finden.

 

Autor: steffen

Lebt. Liebt. Streitet.

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