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Weintrinker auf Bierwegen

Eigentlich ist Anke Schuld. Zusammen mit Volker. Die beiden haben auf dem Barcamp Hamburg anno 2013 eine Session über Weine gehalten, und seitdem sind wir kulinarisch, wann immer es geht, mit einem seniorig erfahrenen Liebhaber genialer Restaurants unterwegs.

Auch die Bierverkostung im Bierland Hamburg vor ein paar Tagen kam auf Initiierung des seniorig erfahrenen Liebhabers kulinarischer Spezialitäten – nennen wir ihn PJebsen – zustande.

Nach einem opulenten, eine Basis verschaffenden Essen im Golden – ihr dürft raten – brachen wir in das unweit gelegene Bierland auf. Da der Chef uns mit deutlich mehr Sachen verwöhnte, als wir bestellt hatten, waren wir auch gut gerüstet.

Esther, die Chefin des „Bierland“, einem kleinen, verwinkelten Laden im zentralnahen Osten Hamburgs, stellte uns 10 ihrer liebsten Sorten vor. Da sie selbst auch ursprünglich aus der Wein-Ecke kommt, war die Verkostung typisch nach Wein-Art einer Geschmacksklimax folgend aufgebaut.

Die ersten drei

Wir begannen die Verkostung mit einem mir bereits aus meinen Belgien-Besuchen bekannten Bier, das mit einer speziellen Hefe bereitet und daher ein wenig wie Brottrunk anmutend daherkommt: Mort Subite. Leichter Anklang von Säure, schlanker Körper, süßlich im Abgang – nix für den Sixpack beim Brettspielabend, wohl aber ein originelles mögliches Dessert.

Nummer 2 entstammte einer Brauershand, die sich aufgrund künstlerischer Differenzen von der später folgenden Nummer 4 losgesagt hatte und folglich eine eigene Kreation am Markt versucht zu platzieren, nämlich das Fastmoker Pils vom „Wildwuchs“. Aromatisch im Antrunk mit ner originellen Nase vorn weg, aber einem meinem Geschmack nach fürchterlichen Nachgeschmack im Mund. Für mich schlicht ungenießbar.

Als Drittes startete das Mitschnagger vom Buddle Ship – grasig, hopfig, zitronig und insgesamt so süffig und voluminös, dass es für mich das perfekte Solobier für einen Abend darstellen könnte.

Das Prototyp von der Kreativbrauerei Kehrwieder ist aufgrund seiner außergewöhnlichen Hefen Aromahopfen (Dank an @hopfenundmalz und Kathy für den Hinweis!) mit Fruchtaromen von Grapefruit bis Maracuja ein echter Hinriecher, im Geschmack kann es allerdings nicht ganz halten, was die Nase verspricht, die leichte Bitternote nach den ersten paar Sekunden im Mund ist vermutlich was für Liebhaber.

(An der Stelle machte ein Glas die Runde, das als reine Geruchsprobe im Vergleich dazu gedacht war: eine muffig anmutende, faulende Fruchtnote, die Lust auf weniger machte: ein Becks, wie sich herausstellte.)

Das nächste in der Runde war ein Alpirsbacher Zwickel, ein bananig-hefig anmutendes, naturtrübes und leichtgängiges Bier, das sich leicht trinken lässt, aber für meinen Geschmack zu flach daherkommt. Für ein Volksfest ok, für einen Genussabend zu schmalbrüstig.

Die zweite Hälfte der Verkostung fand seine Eröffnung in einem hawaiianischen Pale Ale: Kona Fire Rock, ein voluminöses, karamellig-malziges Erlebnis, das optimal in gesellige Runden passt.

Das St. Austell „Big Job„, ein dem massiven Hopfeneinsatz für lange Haltbarkeit nach benannten India Pale Ale (India deswegen, weil es den langen Reiseweg damals überleben musste), war danach so gar nichts für mich: nach anfänglichen Zitrone-Litschi-Nasenfreuden kam eine bittere Tortur, der deutliche Alkohol und eine nicht zu ermittelnde Gänsehaut verursachende Zutat. Nach dem Wildwuchs das zweite, dem ich freiwillig nie wieder meinen Gaumen schenken werde.

Nummer 8 war ein vermeintlich bekannter auf den ersten Blick: Schneider Weisse. Auf den zweiten Blick: TAP 5. Das heißt, es schmeckte deutlich anders, ungewöhnlicher, aber trotzdem interessant, wenn auch eigenwillig in seiner Kombination von Nelken, Bananen und dem opulenten Hefeteil. Dürfte ähnlich süßen Weinen zu Käse passen. Und vermutlich auch nicht jedermanns Geschmack.

Das vorletzte, Chimay Red Cap, ein Trappistenbier aus Belgien (also ein unter abtischer Leitung gebrautes Klosterbier), war ein lecker süffiges, wie es eben die Belgier hinbekommen – neben dem vergleichsweise schneidigen Mitschnagger für mich das Bier des Abends.

Zu guter Letzt fand das Gulden Draak seinen Eisatz als Abschluss der Runde. Nach dem Süffigen, aromatischen Belgier war ein noch intensiveres mit gut integriertem, aber für mich doch zu hohem Alkoholgehalt nix mehr für mich.

Finalbild

Sei’s drum: In der Runde lernten wir eine Menge über Craft Beer, die Aquisebestrebungen der Weltkonzerne InBev, Carlsber und Co. und die unterschiedlichen Vorlieben auch in der Runde. Und einen Beschluss Habenzinsen auch schon gefasst, die 12, die wir da waren: Wir sehen uns wieder in dem Setting, das nächste Mal mit den jeweiligen Lieblingsbieren der Teilnehmer und einer qualifizierten Analyse der Chefin.

Ich freu mich drauf!

Bewertungsnotizen

(Und auf die Weinverkostung in leicht anderer Besatzung an diesem Wochenende bei mir zuhause :))

Update: Die meiner nach Käse-kompatibleren Biere waren: TAP5, Kona Fire Rock und mit Einschränkung das Chimay und Mort Subite.

Autor: steffen

Lebt. Liebt. Streitet.

2 Kommentare

  1. Hat dies auf http://www.Sozialgeschnatter.de rebloggt und kommentierte:
    Interessant, wie unterschiedlich die Geschmäcker sind. Mein Favorit war das Fire Rock Pale Ale (Steffen: „ein voluminöses, karamellig-malziges Erlebnis“), gefolgt von Prototyp, Schneider („für einen Genussabend zu schmalbrüstig“) und Big Job („nach anfänglichen Zitrone-Litschi-Nasenfreuden kam eine bittere Tortur, der deutliche Alkohol und eine nicht zu ermittelnde Gänsehaut verursachende Zutat“).

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