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Fairphone – ein (Zwischen)Fazit zum zweiten Geburtstag

Heute vor zwei Jahren kam das Fairphone, um zu bleiben. Nicht mehr und nicht weniger erwartete ich von ihm – funktioniere, überleb. Pünktlich zum zweiten Geburtstag ist es Zeit, ein Fazit zu ziehen. Taugt der erste Wurf der kleinen niederländischen Weltverbesserer-Enklave etwas? Was sind seine Stärken, was seine Schwächen? Ein Bericht.

Begeistert von der Idee, mit Transparenz, Offenheit, konfliktfreien Materialien und fairen Produktionsbedingungen die Welt verbessern zu können – das war ich, als ich mich vor fast zweieinhalb Jahren dafür entschied, ein Fairphone zu erstehen. Den ersten Bericht darüber verfasste ich bereits zwei Tage nach seiner Ankunft: Damals startete ich mit sanften Eingewöhnungsschwierigkeiten in Android (Wer braucht schon zwei Tage, um die Screenshotfunktion zu finden? – die noch dazu identisch zum iPhone funktioniert: An/Aus und Leiser gleichzeitig).

Keine Schonung: Die Gebrauchsspuren am Fairphone

Genau wie die mit den diversen iDevices zuvor prüfte ich auch mit dem Fairphone ausgiebig und ebenso unfreiwillig, ob die Gravitation denn tatsächlich auch auf Bahnsteigen, im Büro oder zuhause funktioniert. Ohne Schutzhülle natürlich, der Kram wiegt ja bloß und beult die Klamotten noch mehr aus…

Fazit: Die Sturzresistenz ist sehr erfreulich. Zwar gibt es ein paar winzige Dellen am Rand, aber weder das Display, noch die Kamera oder irgendwelche Tasten trugen Schäden davon.

Die Mechanik: verbesserungsfähig

Was dagegen schon litt, war der Haltemechanismus des Batteriefaches, der so lommelig wurde, dass ich mich schlussendlich doch für eine Schutzhülle entschied, um den Poppes endlich wieder zu fixieren. Die häufige Akkuwechselei zwischendurch hatte seine Spuren hinterlassen.

Gebrauchsspuren am Fairphone

Laufzeitverhalten

Startete ich im ersten Bericht noch mit verhaltenem Ton, der Akku könne sich in Sachen Laufzeit noch was von Apple abkucken, weil er kaum einen Tag durchhält, hat sich das in den zwei Jahren konträr entwickelt – mit zwei einfachen Tricks:

  1. Nachts nur WLAN und kein 3G: Anrufen soll mich eh keiner, wenn ich schlafe.
  2. Facebook-App löschen: Das brauchte eine enorme Laufzeitverlängerung. Und über den Browser tut das Ding mobil genau das gleiche.

Zuverlässigkeit

Mit 64GB Micro-SD-Karte und zwei SIM (eine für’s Telefonieren, eine mit Datentarif) sowie wechselbarem Akku ist die Grundausstattung sehr akzeptabel. Ich bin kein großer Freund von Akkupacks, die doch ins Gewicht gehen, ein Zweitakku als Reserve reicht mir völlig – selbst bei 20h-Tagen nonstop online (re:publica, barcamps lassen grüßen) war das genug Reserve.

Jetzt das „aber“: Die Akkus sind nicht so knorke – ich bestellte mir zwei Monate nach der Auslieferung des Fairphone einen zweiten Reserve-Akku. Und beide machten letztes Jahr schlapp. Erst luden sie sporadisch nicht mehr bis 100%, dann fielen sie von 14% Rest auf Null in weniger als zwei Minuten. Schließlich kontaktierte ich den Support und bat um Rat. Der riet mir, einen Test zu machen, ob ich einen so genannten Blähakku hätte.

Pluspunkt für die Niederländer: Sie kommunizierten offen, dass das ein bekannter Fehler in der Produktionslinie sei und boten von sich aus den Ersatz an. Der kam auch und hält bisher durch. Die Akkus sind in meine recycling-Box gewandert. Da ich sie noch nicht entleert hab, hab ich vorhin mal nachgeschaut, wie so einer der defekten Akkus inzwischen aussieht:

Blähakku vom Fairphone: anstandslos ausgetauscht

Aaaalter Schwede.

Das Betriebssystem: Ja, aber

Im Grunde genommen ist mir ein Linux-Derivat vom Prinzip aus symphatischer. Nach den üblichen Assimilationsschmerzen beim Umgewöhnen an ein neues Betriebssystem komme ich inzwischen mit Android auch problemlos klar.

Leider konnte Fairphone – also die Firma – ihr Versprechen nicht halten und das Gerät mit seiner Software auf aktuellere Releases von Android hieven. Das war mir bis vor kurzem auch noch egal.

Pferdefuß Fairphone: Periscope is nich.

Das dürfte sich in Zukunft vermutlich noch häufen. Android 4.2.2 (Jelly Bean) ist halt nicht das aktuellste.

Und sonst so

Kurz: Auch nach zwei Jahren ist das Fairphone noch gut in Schuss. Fast alles läuft darauf, die freie Speichereinteilung, die halbwegs brauchbare Kamera, die extreme Robustheit und die gute Akkulaufzeit sind ein Plus.

Nicht so gut: Die Anfälligkeit der Akkus, der Sound (auch mit guten Kopfhörern: Murks), dass Android 5 und höher nicht laufen.

Fazit

Ich würds wieder nehmen. Auch wenn ich die Grazilität und die gute Einbindung in unsere heimische Mac-Welt etwas vermisse – es tut, was es soll, und die Akkulaufzeit ist um Welten besser als in der iFamily. Klares Plus in der Praktikabilität. Und dass das Fairphone für mich ein Gebrauchsgegenstand ist, sieht man ihm vermutlich an, oder? 😉

Autor: steffen

Lebt. Liebt. Streitet.

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