Artikelformat

Werbung – fischertechnik: 30 Jahre jünger in zwei Stunden!

Vor gar nicht allzulanger Zeit schrieb ich, dass meine Kooperationsbedingungen wohl zu abschreckend seien, um überhaupt welche zu ermöglichen. Und wie mit jeder guten Pauschalaussage passierte auch mit dieser das gleiche: Ich sollte eines besseren belehrt werden.

Augenhöhe: Und es geht doch

Eine Agentur kontaktierte mich: Ob ich mir vorstellen könne, den Bausatz „Pneumatic Power“ von Fischertechnik auszuprobieren und vorzustellen?
Als spätpubertärer Lego-Technik-Freak, der aufgrund seiner Abstammung knapp drei Kilometer hinter dem antifaschistischen Schutzwall aufwuchs und mit 13 Jahren viel zu spät den Freuden des Baukasten-Universums ausgesetzt wurde, klingelten hier die pavlov’schen Reflexe. Aber hey, Kinderspielzeug? Für Kinder 8+?

Der Verweis auf meine Kooperationsbedingungen wurde lapidar mit „sehen wir genauso“ erwidert, und dass ich den Baukasten folglich aus meiner elterlichen Perspektive testen würde, da die Kiddos mit ein und drei Jahren bestenfalls die Bauteile verschlucken oder das Endprodukt zielstrebig demontieren würden, war ebenfalls fein.

Und der Hersteller?

Die Recherchen zum Unternehmen an sich verrieten mir, dass Fischertechnik ein seit über 60 Jahren in Baden-Württemberg produzierendes Familienunternehmen ist. In anderen Unternehmensteilen wird auch bereits mit nachhaltig gewonnenen Rohstoffen experimentiert – die Entwicklung sei noch nicht am Ende, schreibt man mir auf Nachfrage. Die Bauteile werden alle in der Region hergestellt – nur „in Ausnahmefällen müssen wir auf Komponenten aus Fernost zurückgreifen“. Ich beschließe: Probieren geht über Studieren.

Vorweihnachtliches Entpacken

Nach einer kleinen Odyssee des Pakets (dazu werd ich noch eine separate Liebeserklärung an GLS verfassen) mit zarten 39 Einträgen in der Lieferstatusauskunft war es endlich soweit: Papa Pelz verliert mal eben 30 Lenzen und sitzt wie ein kleines Kind vor dem derangierten Paket, dessen unversehrten Inhalt er aus der Verpackung befreien darf:

IMG_20151120_203044

Bescherung! Was ich bis dahin nicht wusste: Mit dem Baukasten lassen sich fünf recht unterschiedliche Modelle zusammenbauen. Gar nicht mal übel für knapp 38 Euro, die derzeit dafür zu berappen sind. Ich such mir also das meiner Meinung nach komplizierteste – den Bagger – aus, und starte.

IMG_20151120_203623

Solide Verarbeitung, nachvollziehbare Anleitung

Beim ersten Blick in die Anleitung finde ich einen Hinweis auf didaktische Inhalte, die ich passend zum Baukasten aus dem Internet ziehen kann – Pluspunkt für multimediale Vernetzung. Dass dahinter nicht nur ein allgemeines Werbevideo oder die Startseite vom Shop steht freut mich.

IMG_1354

Die Teile an sich sind teils sehr klein, allerdings sind das Kinderfinger ja auch, und daher ist das für mich erst mal kein Grund zur Kritik. Was mir allerdings positiv ins Auge – und eben nicht in die Finger – sticht: Die Verarbeitung der Bauteile ist sehr sauber, gratfrei und weniger scharfkantig als bei den dänischen Konkurrenten mit den vier großen Buchstaben.

IMG_20151120_205654

Äußerst diszipliniert und strukturiert sortiere ich mir für jede der fünfzehn Grafiken aus der Anleitung die Bauteile für den jeweiligen Schritt raus – und spätestens jetzt wird mir klar, warum der Baukasten auch erst für Kinder ab acht Jahren gedacht ist: Die Geduld und Sorgfalt, die es braucht, so ein Modell zusammenzubauen, sind nicht ohne. Das erste Mal verbaue ich mich bereits im dritten Schritt; danach noch zwei weitere Male.

Das Kind im Erwachsenen juchzt vor Freude, eine interessante Herausforderung zu erleben, der Perfektionsdrang zieht sich schmollend ins Eck zurück und wird erst später am Abend wieder hervorkommen, als der fertige Miniaturbagger vor mir steht.

IMG_20151120_215535

Schließlich ist das Werk fast vollbracht: Alle 15 Teilschritte der Bauanleitung sind abgearbeitet, der Bagger steht vor mir:

IMG_20151120_232615

Better follow the rules

Naja: fast.

Die letzten Teile wollen von Hand angefertig werden und sind noch nicht vorgefertigt im Baukasten – schließlich heißt das Ding „Pneumatic Power“ und nicht Steckbaukasten. In der Packung liegt ein langer blauer Schlauch, der zerschnitten werden möchte. Eine Verstrippungsanleitung gibt es auch noch, und die Holde und ich geraten in eine kurze Diskussion, wie ich es denn machen sollte: So, dass es am gebauten Modell passt oder so, wie es inklusive Zentimeterangaben in der Anleitung steht?

IMG_20151120_232642

Ich entscheide mich für die Anleitung – nach allem, was ich bisher feststellen durfte, waren hier ausgefuchste Produktentwickler am Werk. Egal, ob es bei ähnlichen Bauteilen Schablonen nicht unähnliche Abbildungen gibt, bei Bauteilen mit einem bestimmten Winkel diese auch auf den Teilen eingestanzt sind: das macht alles einen sehr ausgereiften Eindruck auf mich.

Die Schläuche sind geschnitten, genau nach Anleitung – und es bleibt nix über. Ob das jetzt ne pädagogische Variante von „Achtung, hier ja alles richtig machen, sonst ist unter Umständen alles für den Poppes“ ist oder die Einsparung von Produktionsschritten, ich weiß es nicht. Einmal mehr so ein Punkt, an dem ich feststelle, dass es definitiv nix für kleinere Kids ist.

Und nach gut zwei Stunden kurzweiligen Bauen, unterbrochen von ein paar Ausflügen in die Abteilungen Schnullersuche und Alptraumwegstreicheln, ist es dann so weit: Funktionstest.

IMG_20151120_235340

Passt, wackelt, hat Luft – und zwar reichlich, da die lustige Tonne hintendran nicht für gesteigerte Realitätstreue des Modells, sondern für das Speichern von Luftdruck vorgesehen ist. Und es funktioniert tadellos.

Das Zurechtschneiden nach Anleitung stellt sich übrigens als ziemlich gute Idee heraus: Abgesehen von der abgemessenen Länge des beigepackten Schlauchmaterials entpuppen sich auch die Anleitungen der anderen Modelle als auf gleichen Zuschnittlängen basierende Modelle. Merke: Immer schön nach Anleitung! Besonders, wenn sie wie in diesem Fall ziemlich eindeutig ist und nicht an die Freikunstwerke mancher fernöstlichen Möbelbeilagen zur Selbstmontage erinnert.

Fazit der ersten Kooperation: Ich hab in erster Linie was für mich gelernt

Ich bin rundum positiv überrascht: Ein ausschließlich lokal erzeugtes Produkt, von einem Hersteller, der in punkto Nachhaltigkeit noch an der Möglichkeit arbeitet, nachwachsende Rohstoffe für die Produktion zu verwenden. Produkte, die auch seit Jahren an Schulen und Hochschulen zu pädagogischen Zwecken eingesetzt werden. Und Bauteile, deren Haptik meinen Schreibtischtäterhänden eher zusagt als die mir bisher eher bekannten vergleichsweise mit scharfen Kanten daher kommenden Komponenten von Lego Technik.

Ich werd auf jeden Fall noch ausprobieren, die anderen Modelle zu basteln, bevor der Kasten seinen Weg zu einem Kind findet, das damit etwas anfangen kann. Und wenn ich dann in gut fünf Jahren in einem einseitig bestückten Spielzeugladen stehen sollte, hab ich definitiv noch eine sehr gute Alternative im Hinterkopf, was es denn stattdessen werden darf. 😉

Autor: steffen

Lebt. Liebt. Streitet.

16 Kommentare

  1. Nachhaltig und lokal produziert. Was will mam mehr?
    Wobei GLS anscheinend das gute ökologische Charma zerstört hat. 🙁

    Antworten
  2. Ich wusste garnicht das es so ein Set von Fischertechnik gibt, ich kenne fischertechnik noch aus der Schule. Dank deines Beitrags werde ich mir mal die Sets mit Power funktionen mal genauer anschauen.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.